Beo: Verhängnisvolles Sprachtalent

Der südostasiatische Beo zählt zu den beliebtesten und meistgehandelten Vogelarten der Welt. Sein ausgeprägtes Sprachtalent wird ihm dabei zum Verhängnis, denn es beschert ihm ein Leben in Gefangenschaft.

„Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ – kaum jemand dürfte die Gültigkeit dieser Redewendung deutlicher zu spüren bekommen als der Beo. Der südostasiatische Wildvogel mit den charakteristischen gelben Hautpartien an den Kopfseiten und dem schwarz glänzenden Gefieder ist aufgrund seines ausgeprägten Sprachtalents zu einer der beliebtesten und meistgehandelten Vogelarten der Welt avanciert. Tatsächlich sind Beos in der Lage, menschliche Laute und sogar Stimmen derart präzise zu imitieren, dass sie damit selbst Papageien in den Schatten stellen. Letztlich hat jedoch genau diese Sprachbegabung den Beo massenweise aus den subtropischen Wäldern Malaysias, Chinas, Thailands und Sri Lankas hinein in die Vogelkäfige der Welt befördert. 

Als Jungtiere aus dem natürlichen Lebensraum gerissen

Da Beos aufgrund der komplizierten Verpaarung nur schwer zu züchten sind, stammt der Großteil der im internationalen Handel befindlichen Tiere aus freien Wildbeständen. Die meisten Vögel werden dabei bereits als Jungtiere aus ihrem natürlichen Lebensraum gerissen und in Sammelstellen gebracht, von wo aus sie in den internationalen Warenverkehr gelangen. Laut dem Washingtoner Artenschutzabkommen CITES, das weltweit einen nachhaltigen Handel mit gefährdeten Tier- und Pflanzenarten sicherstellen soll, gelten die Jahre zwischen 1994 und 2003 mit über 170.000 Vögeln als Hochzeit des weltweiten Beo-Geschäfts. Während dieser Zeit ist der Vogelbestand in den einzelnen Herkunftsländern dramatisch zurück gegangen.

Mynah
Sprachgenie unter den Vögeln: Ein südostasiatischer Beo in seinem Käfig

Auf jeden Beo, der es in den Handel schafft, entfallen zehn weitere, die auf dem Weg zum Abnehmer verenden

Denn auf jeden Beo, der es in den Handel schafft, entfallen zehn weitere, die auf dem Weg zum Abnehmer verenden. So stirbt ein Großteil der Beos aufgrund des Einsatzes rücksichtsloser und brutaler Fangmethoden bereits beim Einfangen. Den überlebenden Tieren stehen anschließend extrem strapaziöse Transporte mit zum Teil monatelangen Transferzeiten und unzähligen Zwischenlagerungen bevor. Auch hier verendet wieder ein erheblicher Teil der Vögel, so dass es am Ende nur ein kleiner Rest an Überlebenden tatsächlich in die Hauptabnehmerländer – meist die USA, Europa oder Japan – schafft.

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Einladung zum Plausch: Aufforderung an Passanten, mit dem Beo zu sprechen

Mit Meldepflichten und Importverboten gegen den illegalen Beo-Handel

Um dem entgegenzuwirken, hat die internationale Gemeinschaft mit der Aufnahme des Beos in das Artenschutzabkommen im Jahr 1997 den Handel unter strengere Auflagen gestellt, woraufhin das Geschäft mit dem sprechenden Wildvogel in den meisten Herkunfstsländern allmählich wieder zurück gegangen ist. Länder wie China oder Indien haben den internationalen Export von Beos gesetzlich teilweise eingeschränkt oder komplett verboten, während die Europäische Union die illegale Einfuhr der Vögel mit Meldepflichten und Importverboten unter Kontrolle zu kriegen versucht.

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Von seinen Artgenossen isoliert: Ein domestizierter Beo in einem Pekinger Straßengeschäft

Kein Kontakt zu Artgenossen

Gänzlich stillgelegt ist der Handel allerdings nicht. Nach wie vor lassen sich in südostasiatischen Ländern domestizierte Beosauf auf Märkten und in Geschäften ausfindig machen, wo sie isoliert von ihren Artgenossen gehalten und von Menschen aufgezogen werden. Denn nur wenn sie keinen Kontakt zu anderen Beos haben, fangen die Vögel an zu sprechen. Sie erkennen dann nicht mehr ihresgleichen als Partner an, sondern nur noch den Menschen, den sie fortan nachahmen. Die Rückkehr in eine Gemeinschaft mit anderen Beos ist zu diesem Zeitpunkt kaum noch möglich. 

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