Hot Pot: Warum der Feuertopf bei Chinesen so beliebt ist

Der Hot Pot boomt. In einer Zeit, in der zahllose Lieferdienste und Fast Food to go die Essgewohnheiten der Chinesen drastisch verändert haben, erfreut sich ausgerechnet der aufwendige und zeitintensive Hot Pot einer immer größeren Beliebtheit bei Jung und Alt. Was steckt dahinter?

Er zählt zu den beliebtesten und am weitesten verbreiteten Gerichten Chinas: der Hot Pot (火锅), auch bekannt als chinesisches Fondue. Trotz seiner Jahrhunderte alten Geschichte scheint er niemals aus der Mode zu kommen. Bis heute schießen im ganzen Land Hot Pot-Restaurants und -Garküchen wie Pilze aus dem Boden, Online-Plattformen wie Youku sind voll mit Kochvideos, in denen die scharfe Suppe zubereitet wird und sogar die chinesische High Society ist sich nicht zu schade, für den berühmten Feuertopf zu werben, in bekannte Hot Pot-Ketten zu investieren oder sogar eigene Restaurants zu eröffnen.

Essgewohnheiten der Chinesen drastisch verändert

Und das in einer Zeit, in der Essen vor allem eins sein muss: schnell. Wachsender Wohlstand und die zunehmende Verstädterung haben die Ernährungsgewohnheiten der Chinesen drastisch verändert. Heute werden Gerichte mit möglichst kurzer Kochzeit bevorzugt, Essen wird immer häufiger beim Lieferdienst bestellt, die Zahlen langer und ausgedehnter Restaurantbesuche sind rückläufig. Woran aber liegt es, dass ausgerechnet ein aufwendiges und zeitintensives Gericht wie der Hot Pot dem Wandel der Zeit zu trotzen vermag?

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Dauerbrenner Hot Pot: Kein anderes Gericht wird in China häufiger konsumiert (Statistik: Meituan Dianping)

4 Gründe für die wachsende Beliebtheit des Hot Pot

Allgegenwärtige Verfügbarkeit

Der Hot Pot ist eines der am weitesten verbreiteten Gerichte in China. Seit seinem ersten Auftauchen zu Zeiten der Südlichen und Nördlichen Dynastien im 5. Jahrhundert hat sich der Feuertopf kontinuierlich im ganzen Land ausgebreitet und ist heute sogar in den entlegensten Ecken erhältlich. Der Überlieferung nach wurde das Gericht von mittellosen Hafenarbeitern in der heutigen Megastadt Chongqing erfunden. Diese sammelten, um sich ernähren zu können, Fischabfälle ein und kochten sie in heißer Brühe auf. Um den gammeligen Geschmack der Fische zu überdecken, fügten sie zusätzlich haufenweise Chili, Pfeffer und andere scharfe Gewürze hinzu. Dies brachte die Straßenköche der Stadt auf die Idee, das Gericht anstatt mit gammeligem Fisch mit frischen Zutaten zuzubereiten und dafür Geld zu verlangen. Und geboren war der traditionelle Chongqing Hot Pot. Da viele der Köche Wanderarbeiter waren, die auf der Suche nach Arbeit von Stadt zu Stadt zogen, verbreitete sich das Rezept bald im ganzen Land.

Heute gibt es keine Stadt und keine Ortschaft, in der sich nicht zahllose Hot Pot-Küchen ausfindig machen lassen. Allein in Chongqing befanden sich im Jahr 2016 knapp 20.000 Hot Pot Restaurants. Im benachbarten Chengdu sind es immerhin noch 7.000. Einer alten Faustregel zufolge lässt sich die ungefähre Anzahl an Hot Pot-Küchen in einer Stadt anhand der Anzahl der vorhandenen Straßen ermitteln. Demnach befindet sich in jeder Straße mindestens ein Hot Pot-Restaurant. Zählt man nun die vorhandenen Straßen zusammen, so erhält man damit auch die Anzahl an Feuertopf-Küchen in der jeweiligen Stadt.

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Neu eröffnetes Hot Pot-Restaurant in Peking: Allgegenwärtige Verfügbarkeit

Breite Akzeptanz bei allen gesellschaftlichen Gruppen und Schichten

Der Hot Pot erfreut sich innerhalb der chinesischen Bevölkerung einer breiten Akzeptanz. Egal ob Mann oder Frau, jung oder alt, Städter oder Landbewohner, reich oder arm – der Hot Pot wird von so ziemlich jedem gegessen. Er ist weder zu hochgestochen, um von einfachen Leuten konsumiert zu werden, noch zu primitiv für die Upper Class. So finden sich Hot Pot-Restaurants sowohl in den Armenvierteln als auch in den Business- und Finanzdistrikten der Städte. Man kriegt ihn an Straßenständen für ein paar Yuan, oder aber in supernoblen High End-Restaurants für mehrere Hundert. In einer Zeit des stetigen Umbruchs, in der China sich immer wieder neu erfindet und alte Traditionen Stück für Stück aus dem kollektiven Gedächtnis verschwinden, avanciert der Hot Pot zu einem neuen Träger gemeinsamer kultureller und gesellschaftlich geteilter Werte, wie z.B. Tradition, Gemeinschaft, Kollektivität und Harmonie.

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Hot Pot-Party: Beliebt bei jung und alt (Foto: Ming-Yen Hsu)

Vielfältige Variationen und abwechslungsreiche Zutaten

Hot Pot ist nicht gleich Hot Pot. Je nach Region lassen sich unzählige Variationen des Gerichts ausfindig machen: Es gibt den Malaguo-Hot Pot, wie er beispielsweise in der Provinz Szechuan gegessen wird. Er zeichnet sich durch seine besondere Schärfe und das typische Aroma des berühmten Szechuanpfeffers aus. Der Yuanyangguo-Hot Pot ist eine Weiterentwicklung des Malaguo, wobei er deutlich weniger Chili und Pfeffer enthält, so dass auch Menschen, die nicht so viel Schärfe vertragen, in den Genuss des Gerichts kommen können. Beim Qingguo-Hotpot wird gänzlich auf jede Art von Brühe verzichtet und zum Schmoren der Zutaten lediglich klares Wasser verwendet. Für den Geschmack sorgt das anschließende Dippen in verschiedene Soßen. Neben diesen Varianten gibt es noch zahllose weitere Hot Pot-Ausformungen, die jeweils an die in ihren Ursprungsregionen herrschenden Ernährungsgewohnheiten angepasst sind. Auch die verwendeten Zutaten können stark variieren: So setzen die Menschen in manchen Regionen standardmäßig auf traditionelle Bestandteile, wie z.B. Rind- oder Schweinefleischstreifen, verschiedene Gemüse und Pilze, Lauch und Tofu. Demgegenüber gibt es aber auch Feuertopf-Variationen, in denen zahllose weitere Ingredienzien zum Einsatz kommen: Von diversen Fischen und Meeresfrüchten über verschiedene Kartoffel- und Nudelvarianten bis hin zu Wachteleiern, Innereien, Nüssen und sogar Fleischwurst ist alles erlaubt. Diese zahllosen Variationsmöglichkeiten sind mit ein Hauptgrund dafür, dass den Chinesen ihr Feuertopf niemals langweilig wird.

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Freie Auswahl: Der Hot Pot lässt sich so ziemlich mit jeder nur erdenklichen Zutat kombinieren

Stärkung sozialer Bindungen

Aber der wahrscheinlich wichtigste Grund für die wachsende Beliebtheit des Hot Pot bei den Chinesen dürfte sein unschlagbarer Bindungs- und Spaßfaktor sein. Denn kaum ein anderes Gericht auf dieser Welt ist geselliger als der Hot Pot: Man sitzt gemeinsam mit der Familie, Freunden, Bekannten oder Arbeitskollegen an einem Tisch, in der Mitte ein weiter Topf mit kochender Brühe, drum herum allerhand bunte Zutaten. Während die Suppe am Kochen gehalten wird, erfreuen sich die drum herum sitzenden an ihrer Wärme und dem gemeinsamen Miteinander. Und natürlich am Essen: Über Stunden hinweg werden die Zutaten in den Feuertopf getaucht und wieder herausgefischt, dabei wird geklönt, gelacht und Geschichten erzählt. Essen war in China schon immer eine kommunikative Angelegenheit und diente nicht nur der Nahrungsaufnahme oder schnellen Sättigung. Darüber hinaus rückt auch der Aspekt des Teilens in den Mittelpunkt: Alle essen aus dem selben Topf, jeder darf von allem probieren. Man legt nicht einfach nur jene Zutaten in die Brühe, die man selber essen möchte, sondern jeder darf alles hinein legen und auch alles herausfischen, was in der Suppe schwimmt. Dies stärkt zusätzlich das Gemeinschaftsgefühl.

Zum Abschluss noch ein Youtube-Video (engl.) für alle, die den Hot Pot gerne selber zubereiten möchten. Viel Spaß beim Anschauen!

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