Der Ruf der chinesischen Armee hat bei der Bevölkerung seit dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens arg gelitten. Um das verloren gegangene Vertrauen der Chinesen zurück zu gewinnen, lanciert die Regierung seit Jahren immer neue Image-Kampagnen. Dass dabei mittlerweile auch Kinder und Jugendliche ins Visier geraten, zeigt eine neue Poster-Serie des Verteidigungsministeriums.
Das Grundmotiv ist immer gleich: Im Vordergrund steht ein junger Soldat in voller Kampfmontur, mit angelegter Schusswaffe und entschlossenem Blick. Hinter ihm eröffnen sich dem Betrachter verschiedene Szenarien militärischer Aktivitäten – Aufstandsniederschlagung in Städten, Kampfeinsätze in der Wüste oder auf See. Mitten im Getümmel: Panzer, Kampfjets, Flugzeugträger, Raketenabschussbatterien und jede Menge automatische Waffen. Das ganze serviert im kindlich anmutenden Manga-Stil. Mit diesen Motiven wirbt die chinesische Regierung seit Mai 2016 auf Postern für den Wehrdienst in der PLA, der sogenannten Volksbefreiungsarmee.
Chinas Militärkasernen quellen über
Betrachtern der Plakate, die mittlerweile in allen Großstädten Bahnhöfe, Bushaltestellen und Straßenunterführungen pflastern, dürfte es kaum schwer fallen nachzuvollziehen, welche Bevölkerungsgruppe das chinesische Verteidigungsministerium mit seiner neuen Kampagne explizit ins Visier nimmt: Nämlich die junge Generation – Kinder und Jugendliche. Dabei leidet Chinas Armee nicht gerade unter Bewerbermangel: So verfügt die PLA zu Friedenszeiten über mehr als 2,3 Millionen Soldaten und damit über das größte Heer der Welt. Für alle Bürger – egal ob Mann oder Frau – gilt bei Erreichen der Volljährigkeit die Wehrpflicht. Bei einer Gesamtbevölkerung von knapp 1,4 Milliarden Menschen ergibt das 13 Millionen Menschen, die jedes Jahr das Wehrdienstalter erreichen – oder anders ausgedrückt: Chinas Militärkasernen quellen über. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wozu dann überhaupt eine Werbekampagne nötig ist.
Opfer ausländischer Imperialismusbestrebungen
Die Antwort auf diese Frage ist in Chinas Geschichte zu suchen: Schon immer hat die chinesische Regierung nationalistische bzw. patriotische Einstellungen und Denkweisen in der Bevölkerung befördert oder angefacht. Spätestens seit den Opiumkriegen im 19. Jahrhundert oder der japanischen Invasion in China während des Zweiten Weltkrieges bemüht sich die Kommunistische Partei bei jeder Gelegenheit, China als historisches Opfer ausländischer Imperialismusbestrebungen zu stilisieren. Seien es ungleiche internationale oder bilaterale Verträge zu Ungunsten Chinas, militärische Bedrohungsszenarien durch die USA im Südchinesischen Meer oder der Einfluss westlicher Medien und Akteure auf die eigene Bevölkerung – für die KP kommt der Feind stets aus dem Ausland und die einzige, brauchbare Antwort auf die diversen Bedrohungen ist ein robustes und mächtiges Militär, das die breite Unterstützung der Bevölkerung hinter sich weiß.
Verloren gegangenes Vertrauen in die Armee zurückgewinnen
Hinter dem Vorgehen der Regierung verbirgt sich ein knallhartes Kalkül, denn: Die gesellschaftliche Akzeptanz der Armee hat seit dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens arg gelitten. Bei dem Gemetzel, bei dem die chinesische Regierung am 4. Juni 1989 mit Panzern auf demonstrierende, unbewaffnete Studenten feuern ließ, verloren Tausende Zivilisten ihr Leben. Bis heute wurde dieses Kapitel und die Rolle, die das Militär darin spielte, in China nicht aufgearbeitet, doch das Vertrauen der Menschen in die Armee war fortan erschüttert. Aus diesem Grund bemüht sich die Regierung seither mit immer neuen Image-Kampagnen darum, den Ruf des Militärs als Beschützer und Bewahrer des chinesischen Volkes wieder herzustellen und damit das verloren gegangene Vertrauen der Menschen zurück zu gewinnen. Dass dabei auch Kinder und Jugendliche ins Visier der KP geraten, ist lediglich ein Hinweis darauf, wie weit die Militarisierung der chinesischen Gesellschaft bereits fortgeschritten ist.
Die Poster in Einzeldarstellung:






