Mit einem Comic warnt die chinesische Regierung junge Staatsbeamtinnen davor, sich auf Liebschaften mit attraktiven Westlern einzulassen. Denn diese könnten in Wahrheit Spione sein. Schürt Peking absichtlich Angst vor Ausländern?
Xiao Li ist eine junge Beamtin aus China. Als sie den ausländischen Austauschstudenten David kennenlernt, entwickelt sich zwischen den beiden schnell eine Liaison. Mit romantischen Spaziergängen, gemeinsamen Abendessen, Blumen und Komplimenten umwirbt der Fremde die junge Chinesin und erschleicht sich so schnell ihr Vertrauen. Bald schon fordert er von ihr die Herausgabe geheimer Informationen und Dokumente von ihrer Arbeitsstelle – angeblich nur zu Forschungszwecken. Arglos übergibt die bis über beide Ohren verliebte Xiao Li dem windigen Ausländer die gewünschten Informationen.
Mit verheerenden Folgen: Schon am nächsten Tag steht der Staatsschutz bei ihr im Büro und nimmt die junge Staatsbeamtin fest. Auf der Polizeiwache erfährt die ahnungslose Frau, dass ihr Freund in Wahrheit ein ausländischer Spion ist, der sich mit den erbeuteten Informationen aus dem Staub gemacht hat. Weil sie gegen ihre Geheimhaltungspflicht verstoßen hat, drohen die Beamten Xiao Li rechtliche Konsequenzen an, woraufhin sie in Tränen ausbricht.

Warnung vor ausländischen Spionen
Was wie das Drehbuch eines misslungenen James Bond-Films klingt, ist in Wahrheit die Geschichte eines vom chinesischen Ministerium für Staatssicherheit veröffentlichten Comics, der seit April diesen Jahres als Poster in Behörden, Polizeiwachen und an Bahnhofswänden zu bestaunen ist. Unter dem Titel „Gefährliche Liebe“ warnt der Comic junge chinesische Regierungsbeamtinnen davor, sich auf Liebschaften mit gut aussehenden Ausländern einzulassen, da diese in Wahrheit gefährliche Spione sein könnten.
Absichtlich anti-westliche Stimmung geschürt?
Der Comic ist Teil einer Regierungskampagne zur Erziehung der Bevölkerung in Fragen der nationalen Sicherheit. So sollen die Bürger für mögliche Gefahren für die politische Stabilität des Landes sensibilisiert und gleichzeitig mit dem im Juli 2015 eingeführten Nationalen Sicherheitsgesetz vertraut gemacht werden. Demnach sind vor allem Regierungsmitarbeiter und Beamte, aber auch gewöhnliche Bürger dazu angehalten, sensible oder als geheim eingestufte Informationen streng vertraulich zu behandeln. Hinweise auf mögliche Spionageaktivitäten sind unverzüglich den nationalen Sicherheitsbehörden zu melden. Kritiker bezweifeln jedoch diese offizielle Begründung der Regierung. Sie werfen Peking vor, mit der Kampagne absichtlich anti-westliche Stimmung im Land zu verbreiten. Die aufgeheizte Stimmung nutze die Regierung in erster Linie, um ihre eigene Legitimität zu stärken und repressivere Gesetze gegen ausländische Unternehmen, NGOs und Regimekritiker einzuführen.
Kein Freund von westlichen Einflüssen
Tatsächlich ist Chinas Präsident Xi Jinping kein großer Freund von westlichen Einflüssen. Es ist kein Geheimnis, dass Chinas Führung demokratische und rechtsstaatliche Strukturen ebenso fürchtet wie die Vorstellung von freier Presse, einer starken Zivilgesellschaft oder eines neoliberalistischen Wirtschaftsmodells ohne staatliche Kontrolle. Jüngstes Beispiel dafür, wie Xi sein Land gegen westliche Einflüsse abzuschotten versucht, ist das im April 2016 verabschiedete „Gesetz über die Aktivitäten ausländischer Nichtregierungsorganisationen (NGO) auf dem chinesischen Festland“. Es schränkt die Arbeit ausländischer NGO in China stark ein und stellt diese teilweise unter die Aufsicht chinesischer Sicherheitsbehörden.
Schulen und Universitäten von westlichen Werten „reinigen“
Auch wurden die Schulen und Universitäten des Landes aufgefordert, ihre Lehrpläne von „westlichen Werten“ zu „reinigen“ und entsprechende Lehrbücher aus den Bibliotheken und Unterrichtsräumen zu entfernen. Stattdessen sollten sie sich auf die Vermittlung traditioneller chinesischer Werte konzentrieren, Bücher über Konfuzius und Mao Tse-tung im Unterricht durcharbeiten und die Schüler über die Gefahren durch Auslandsspionage aufklären.
Was den letztgenannten Punkt betrifft, hat die chinesische Regierung mit ihrem Propaganda-Comic „Gefährliche Liebe“ nun demonstriert, wie sie sich die Aufklärung ihrer Bürger vorstellt.
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